Sankt Petersburg kann mit einigen Rekorden aufwarten: Sie ist die nördlichste Millionenstadt der Welt, hat im historischen Zentrum mehr Paläste und Prunkbauten als Venedig und wird von mehr Touristen besucht als jede andere russische Stadt, fünf Millionen sollen es pro Jahr sein. Für die deutsche Mannschaft und ihre Fans könnte Sankt Petersburg Reiseziel für ein mögliches Achtel- oder Viertelfinale werden.
Ein großer Reiz von Sankt Petersburg für heutige Besucherinnen und Besucher ebenso wie für die Stadtgründer ist die Lage. Sankt Petersburg liegt an der Mündung der Newa in die Ostsee im Osten des finnischen Meerbusens. Verglichen mit Moskau und Kasan ist die Stadt jung. Sie wurde 1703 auf Sumpf gebaut, um dem Zarenreich unter Peter dem Großen den Zugang zur Ostsee zu sichern. Nebenbei: Zar Peter der Große hieß nicht nur so, sondern war mit einer laut Quellen Körpergröße von mindestens zwei Metern gerade nach damaligen Verhältnissen ein Riese. Aber zurück zur Stadt, die übrigens nicht nach ihm, sondern nach Apostel Simon Petrus benannt. Ihren Namen sollte sie im Laufe der Jahrhunderte wie viele russische Städte häufiger ändern.
Der erste große Bau bzw. eher Befestigungsanlage war die Peter-und-Paul-Festung, die noch heute mit Museen und Grünanlagen eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt und zugleich ein kleines Naherholungsgebiet bildet. Ähnlich wie Stockholm und Venedig ist auch Sankt Petersburg auf mehreren Inseln erbaut. Umsetzen mussten das zehntausende Leibeigene aus dem ganzen Zarenreich – das Wort Zwangsarbeiter dürfte es wohl treffen. Peter der Große befehligte allerdings nicht nur die niederen Stände. Als die Bauarbeiten weiter fortgeschritten waren, beorderte er die russischen Adligen mit Sack und Pack von Moskau in die neue Stadt und zwang sie, dort weitere Häuser zu bauen – nach seinen Vorstellungen. Dass Peter dann aus Sankt Petersburg 1712 auch die Hauptstadt seines Reiches machte, ist nur logisch. Das blieb sie bis auf ein kurzes Moskauer Intermezzo bis 1918.
Sankt Petersburg wurde nicht nur zu einem politischen, sondern auch zu einem kulturellen und wissenschaftlichen Zentrum und bildete immer auch das Tor zum Westen im Zaren- und Kaiserreich. Wer in die Blütezeit von Sankt Petersburg eintauchen will, kann das beispielsweise mit „Anna Karenina“, dem wohl bekanntesten Roman von Leo Tolstoi, tun. Er entstand in den 1870er Jahren und schildert das Leben, Lieben und Sterben mehrerer adliger Familien. Spoiler: kein Happy End. Das gilt auch für das russische Kaiserreich, dessen Untergang in Sankt Petersburg begann. Im 19. Jahrhundert gab es hier mehrere Attentate und kleine Aufstände gegen das Zarentum. Ein Schuss vom Kreuzer Aurora – der heute als Museumsschiff im Hafen von Sankt Petersburg zu besichtigen ist – bildete den Auftakt zur Oktoberrevolution 1917. Hauptstadt der Sowjetunion wurde wieder Moskau, aus Sankt Petersburg wurde 1924 Leningrad. Die Belagerung durch die deutschen Truppen während des zweiten Weltkriegs forderte mehr als eine Million Todesopfer unter der Zivilbevölkerung. In den Nachkriegsjahren wurde viel in den Wiederaufbau – und die Erweiterung – der Stadt investiert, das Machtzentrum blieb jedoch Moskau. Die historische Innenstadt von Leningrad wurde 1990 in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. In einer Volksabstimmung sprach sich im Juni 1991 eine Mehrheit für die Rückkehr zum alten Namen Sankt Petersburg aus.
Das offizielle Fanfest am Konjuschennaja-Platz ist zentral gelegen und umfasst auch das angrenzende Moikaufer. Auf Deutsch hieße er Marstall-Platz – die Fassade der ehemaligen kaiserlichen Stallungen ist noch immer zu sehen. Das Stadion allerdings liegt zwei, drei Inseln weiter und ist von hier bzw. aus der Innenstadt nicht zu Fuß erreichbar.